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Geburtenentwicklung und Geburtenverhalten

Letzte Aktualisierung: 08.12.2022

Der demografische Wandel in Sachsen wird stets auch mit der Geburtenentwicklung zu Beginn der 1990er Jahre in Verbindung gebracht. Das Geburtentief dieser Jahre wirkte massiv auf die Bevölkerungsentwicklung in der Vergangenheit und wird auch Einfluss auf die zukünftige Zusammensetzung der Bevölkerung nehmen.

Die Entwicklung der Lebendgeborenen ist zunächst von den Bestandszahlen der Frauen im gebärfähigen Alter abhängig. Es ist jedoch auch notwendig, die Veränderungen im Geburtenverhalten darzustellen, die ebenfalls Einfluss auf die Zahl der Lebendgeborenen nehmen. Dafür wird auch der Begriff der Fertilität verwendet. Die Fertilität beschreibt das tatsächliche Geburtenverhalten einer Frau, einer Bevölkerungsgruppe (altersspezifische oder zusammengefasste Geburtenziffer) oder einer Bevölkerung insgesamt (Lebendgeborene je 1 000 Einwohner).

Geburtenentwicklung

Säulendiagramm Rückgang der Zahl der Lebendgeborenen von 66 900 im Jahr 1983 auf 22 700 im Jahr 1994. Danach stieg die Zahl der Lebendgeborenen wieder an und lag 2021 bei 32 500.

Die Zahl der Lebendgeborenen war bereits vor der Wiedervereinigung von einer rückläufigen Entwicklung geprägt. Ab 1990 veränderte sich durch die wirtschaftliche und gesellschaftliche Neuorientierung das Geburtenverhalten so stark, dass es zu einem rasanten Geburtenrückgang kam, der 1994 mit 22 700 Lebendgeborenen seinen Tiefpunkt erreichte. 

Seitdem konnte der Freistaat Sachsen wieder einen Anstieg der Zahl der Lebendgeborenen verzeichnen. Mit knapp 38 000 Lebendgeborenen wurden 2016 die meisten Kinder seit 1990 geboren. Seit 2017 sank die Zahl der Geburten wieder auf 32 500 im Jahr 2021. Das waren 50 Prozent der lebend geborenen Kinder aus dem Jahr 1983 mit 66 900 Lebendgeborenen.

Geburtenverhalten

Liniendiagramm Rückgang der zusammengefassten Geburtenziffer von 1,78 Kindern je Frau im Jahr 1983 auf 0,79 Kinder je Frau in den Jahren 1993 und 1994. Die zusammengefasste Geburtenziffer lag 2021 bei 1,53 Kindern je Frau.

Seit Vorliegen rückgerechneter Daten für Analysen des Geburtenverhaltens (1983) liegt die zusammengefasste Geburtenziffer (TFR) bzw. die Zahl der Kinder pro Frau in Sachsen unter dem Bestandserhaltungsniveau. Bereits vor der Wiedervereinigung ging die Zahl der Kinder pro Frau von 1,78 im Jahr 1983 auf 1,62 im Jahr 1988 zurück. Die vergleichsweise hohe TFR von 1,70 im Jahr 1987 ist vermutlich auf die Einführung des bezahlten Babyjahres für das erste Kind zurückzuführen. Mit dem gesellschaftlichen und politischen Umbruch zu Beginn der 1990er Jahre setzte ein massiver Rückgang der zusammengefassten Geburtenziffer ein. So brachte statistisch gesehen in den Jahren 1992 bis 1996 jede Frau im gebärfähigen Alter von 15 bis unter 50 Jahren nicht einmal ein Kind zur Welt. Die geringste zusammengefasste Geburtenziffer wurde in den Jahren 1993 und 1994 mit 0,79 erzielt. Danach stieg die TFR kontinuierlich an und erreichte 2016 mit 1,66 den höchsten Wert. Seit 2017 ist die Kinderzahl pro Frau wieder leicht rückläufig und lag 2021 bei 1,53.

Erhaltung des Bevölkerungsstandes

Die Erhaltung eines Bevölkerungsstandes wird theoretisch erreicht, wenn durch die Lebendgeborenen die jeweilige Elterngeneration ersetzt wird. Dies wäre bei einem Bestandserhaltungsniveau von 2,1 Kindern pro Frau erreicht. Bei diesem Maß sind sowohl die Geschlechterproportion als auch die Sterblichkeitsverhältnisse der Frauen im gebärfähigen Alter berücksichtigt. 

Demografische Merkmale

Säulendiagramm Entwicklung des Verhältnisses zwischen männlichen und weiblichen Lebendgeborenen, das zwischen 103 und 108 Jungen je 100 Mädchen lag. Die Linie zeigt den Anteil der nichtdeutschen Lebendgeborenen, der 2021 bei 8,1 Prozent lag.

Die Geschlechterproportion bei den Lebendgeborenen, d.h. das Verhältnis der Jungen je 100 Mädchen hat sich im Zeitverlauf kaum geändert und lag zwischen 103 und 108 Jungen je 100 Mädchen. Deutlich zugenommen haben die Zahl und der Anteil der Lebendgeborenen mit einer nichtdeutschen Staatsangehörigkeit. Waren 1991 weniger als 500 Lebendgeborene (1,5 Prozent) mit einer nichtdeutschen Staatsangehörigkeit registriert worden, so waren 2021 bereits etwas über 2 600 Lebendgeborene mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit erfasst. Damit hatten nichtdeutsche Lebendgeborene einen Anteil von 8,1 Prozent an allen Lebendgeborenen. Die Zahl der nichtdeutschen Mütter stieg von 570 im Jahr 1991 auf fast 4 100 im Jahr 2021. Diese Entwicklung resultierte auch daraus, dass die Zahl der nichtdeutschen Frauen im gebärfähigen Alter von 15 bis unter 50 Jahren gegenüber 1990 mit 13 200 Frauen um 51 700 auf 64 900 Frauen im Jahr 2021 zugenommen hatte, wobei die Zuwanderung ab 2014 einen besonders starken Einfluss nahm.

Liniendiagramm Anzahl der Lebendgeborenen nach dem Familienstand der Eltern. Waren 1983 noch bei 67,9 Prozent der Lebendgeborenen die Eltern miteinander verheiratet, waren es seit 2001 weniger als 50 Prozent.

Stark verändert hat sich auch das Verhältnis zwischen ehelich und nichtehelich lebend geborenen Kindern. Im Jahr 1983 wurden 67,9 Prozent der Kinder von verheirateten Müttern zur Welt gebracht. Im Zeitverlauf nahm dieser Anteil stetig ab. Seit 2001 waren bei mehr als der Hälfte der Lebendgeborenen die Eltern nicht miteinander verheiratet, wobei von 2013 bis 2021 wieder eine Zunahme der in der Ehe geborenen Kinder feststellbar war.

Die Säulenengrafik zeigt die Veränderung der Anzahl der Frauen im gebärfähigen Alter gegenüber dem Vorjahr. Dies wirkte massiv auf die Geburtenentwicklung. Die Geburtenentwicklung ist in der Grafik als Linie dargestellt.

Gründe für die Geburtenentwicklung liegen zum einen in den Besetzungsstärken der Frauen im gebärfähigen Alter und zum anderen im generativen Verhalten der Mütter. Bis 1988 ging der Rückgang der Geburten mit einem Rückgang der Frauen im gebärfähigen Alter einher. Der punktuelle Anstieg der Geburten im Jahr 1987 ist auf die Einführung des bezahlten Babyjahres für das erste Kind zurückzuführen. Insbesondere in den Wendejahren 1989 und 1990 nahm die Zahl der Frauen im Alter von 15 bis unter 50 Jahren um 107 100 ab. Dies wirkte massiv auf die Geburtenentwicklung. So nahm die Zahl der Geburten gegenüber dem Vorjahr noch bis 1992 deutlich ab. 

Für die Jahre 1995 bis 1997 wirkten die zunehmenden Besetzungszahlen bei den Frauen im gebärfähigen Alter positiv auf die Entwicklung der Geburten. Die sich anschließende Erholung der Geburtenzahlen ist auf Verhaltensänderungen zurückzuführen, da trotz sinkender Frauenjahrgänge die Zahl der Geburten zunahm. So stieg die zusammengefasste Geburtenziffer von 1,11 im Jahr 1998 kontinuierlich bis 2016 auf einen Höchststand von 1,66 an, obwohl die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter in diesem Zeitraum um durchschnittlich 1,7 Prozent pro Jahr zurückging.

Für die letzten Jahre ab 2017 kann davon ausgegangen werden, dass auch die Bestandsentwicklung der Frauen im gebärfähigen Alter die Geburtenentwicklung beeinflusst, da im gleichen Maße die Frauenjahrgänge und die Geburtenzahlen rückläufig waren. So ging die Zahl der Geburten jährlich durchschnittlich um 1 100 bzw. 3,1 Prozent zurück und auch die Frauenjahrgänge nahmen jährlich im Durchschnitt um 4 700 Frauen bzw. 0,6 Prozent ab.

Für Sie zusammengefasst: Zusammenhang zwischen Anzahl der Frauen im gebärfähigen Alter und Lebendgeborenen

Liniengrafik zeig altersspezifische Geburtenziffern 1983, 1989, 1994, 2011, 2020 gegenüber und veranschaulicht die Verschiebung der Geburten in höhere Altersjahre.

Veränderungen in den altersspezifischen Geburtenziffern können zwei Entwicklungen widerspiegeln. Einerseits können die altersspezifischen Geburtenziffern abflachen, wenn sich weniger Frauen für Kinder entscheiden oder sie können ansteigen, wenn mehr Frauen eines Altersjahres ein Kind zur Welt bringen.

Im Jahr 1983 lag die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau bei 1,78, bestimmt durch viele Geburten von jungen Müttern. Dies wird verdeutlicht in der spitzen Verlaufsform der Linie für das Jahr 1983. Die höchsten Geburtenziffern traten bei Müttern zwischen 19 und 27 Jahren auf. Diese Tatsache blieb bis 1989 bestehen. Durch den Rückgang der Geburten flachte allerdings die Kurve leicht ab. 

Nach der Wiedervereinigung sanken die Geburten, da sich die Frauen im gebärfähigen Alter häufiger gegen ein Kind entschieden. Die Kurve verlief bis Mitte der 1990er Jahre somit äußerst flach, die Struktur mit vorrangig jungen Müttern blieb jedoch noch bestehen.

Ab 1996 wird eine langsame Erholung der Geburtenentwicklung sichtbar. Bereits ab 1992 begannen sich die Geburten in höhere Altersjahre zu verschieben. Zwischen 1992 und 1996 stieg das Durchschnittsalter der Mütter um jährlich durchschnittlich 0,47 Jahre. Sowohl der Anstieg der Geburten als auch im geringeren Umfang die Zunahme des Durchschnittsalters der Mütter setzte sich bis 2011 fort. Danach gab es keine nennenswerten Strukturveränderungen mehr. Ab 2011 wiesen Frauen im Alter von 27 bis unter 34 Jahren die höchste Fertilität auf. Die trotzdem weiter ansteigende zusammengefasste Geburtenziffer (TFR) bis zu einem Höchstwert von 1,66 im Jahr 2016 resultierte dann u.a. auch aus der Zunahme der altersspezifischen Geburtenziffern in dieser Altersgruppe.

Die Verschiebung der Geburten in höhere Altersjahre lässt sich auch im Vergleich der altersspezifischen Geburtenziffern von 1989 und 2020 erklären: In beiden Jahren lag die TFR mit 1,56 bzw. 1,54 Kindern pro Frau auf vergleichbarem Niveau. Die Unterschiede in den altersspezifischen Geburtenziffern sind jedoch deutlich erkennbar. 1989 wiesen Mütter im Alter von 22 bis 25 Jahren die höchsten Geburtenziffern aus, 2020 waren das die Altersjahre 29 bis 33. Kamen 1989 noch 102 Lebendgeborene von Müttern im Alter von 15 bis unter 20 Jahren auf 1 000 Frauen des gleichen Alters, so waren es 2020 nur 35.

Demgegenüber sind 2020 je 1 000 Frauen im Alter von 35 bis unter 50 Jahren 367 Lebendgeborene von Frauen des gleichen Alters gezählt worden, 1989 waren es nur 71.

Für Sie zusammengefasst: Veränderung der altersspezifischen Geburtenziffer

Die Säulengrafik zeigt die Verschiebung der Altersstruktur der Mütter bei der Geburt ihrer lebendgeborenen Kinder. Im Jahr 1983 waren mehr als die Hälfte der Mütter bei der Geburt jünger als 25 Jahre, 2020 waren es nur noch 10 Prozent.

Im Jahr 1983 waren Mütter bei der Geburt ihres Kindes durchschnittlich 24,5 Jahre alt. Bis 2020 hatte sich das Durchschnittsalter um 7,0 Jahre auf 31,5 Jahre erhöht. Dies resultierte aus deutlichen Verschiebungen in der Altersstruktur der Mütter.

Im Jahr 1983 hatten mehr als die Hälfte der Lebendgeborenen (57,6 Prozent) eine Mutter, die jünger als 25 Jahre alt war. 35 Jahre und älter waren dagegen nur 2,7 Prozent der Mütter. Bereits bis 1989 hatte sich das Verhältnis soweit verschoben, dass nur noch für 46,8 Prozent der Lebendgeborenen die Mütter im Alter unter 25 Jahren waren. Neben dem starken Rückgang der Geburten junger Frauen (unter 25 Jahren) auf einen Anteil von 10,2 Prozent bis 2020, nahm der Anteil älterer Mütter (ab 35 Jahre) deutlich zu. Lag deren Anteil im Jahr 1983 noch bei 2,7 Prozent, so hatten 2020 rund 28 Prozent der Lebendgeborenen eine Mutter in dieser Altersgruppe. 

Auch innerhalb der einzelnen Altersgruppen der Mütter kann die Entwicklung hin zu späteren Geburten verdeutlicht werden. Frauen im Alter von 25 bis unter 35 Jahren waren im gesamten Betrachtungszeitraum eine Hauptaltersgruppe, in der Kinder geboren wurden. 1983 waren innerhalb dieser Altersgruppe noch 73,2 Prozent und damit fast drei Viertel 25 bis unter 30 Jahren, nur bei jedem vierten Lebendgeborenen war die Mutter der Hauptaltersgruppe im Alter von 30 bis unter 35 Jahren. Bis zum Jahr 2020 hatte sich dieses Verhältnis komplett umgekehrt. Bezogen auf alle Mütter im Alter von 25 bis unter 35 Jahren waren 2020 nur 33,7 Prozent von 25 bis 29 Jahren alt und 66,3 Prozent 30 bis 34 Jahre.

Für Sie zusammengefasst: Anstieg des Durchschnittsalters sächsischer Mütter

Die Säulengrafik stellt den prozentualen Anteil der Lebendgeborenen 2009 bis 2020 nach der Geburtenfolge dar. Die Liniengrafik zeigt die Entwicklung der zusammengefassten Geburtenziffer für das 1., 2. sowie 3. und weitere Kind bis 2020.

Seit 2009 können Aussagen zur Lebendgeborenenfolge getroffen werden. Mit der hier beschriebenen Lebendgeborenenfolge wird die biologische Geburtenfolge der Mutter bezeichnet, die nicht nur Aussagen zu in einer Ehe geborenen Kindern zulassen.

Im Jahr 2009 wurden 34 100 Lebendgeborene registriert. Davon waren 17 500 Erstgeborene, 11 600 Zweitgeborene und 5 000 Lebendgeborene das 3. oder weitere Kind der Mutter. Im Jahr 2020 mit 33 400 Lebendgeborenen kamen etwas weniger Kinder zur Welt. Dabei wurden 14 700 Erstgeborene, 12 400 Zweitgeborene und 6 300 Lebendgeborene als drittes oder weiteres Kind erfasst.

Es lässt sich feststellen, dass der Anteil der 2. sowie 3. und weiteren Kinder im Betrachtungszeitraum zugenommen hat. Waren im Jahr 2009 von den 34 100 lebendgeborenen Kindern 51,2 Prozent das 1. Kind, 34,0 Prozent das 2. Kind und 14,8 Prozent das 3. oder weitere Kind, so stieg bis 2020 der Anteil der Zweitgeborenen auf 37,2 Prozent und der Anteil der 3. und weiteren Kinder auf 18,9 Prozent.

Diese Entwicklung lässt sich auch anhand der zusammengefassten Geburtenziffer nach der Lebendgeborenenfolge darstellen. Diese ordnungsspezifische Geburtenziffer sagt zum Beispiel aus, wie viele Erst-, Zweit- oder Drittgeborene je 1 000 Frauen zur Welt gebracht werden. Im Jahr 2009 wurden bezogen auf 1 000 Frauen im gebärfähigen Alter 731 erste, 493 zweite und 214 dritte und weitere Kinder gezählt. Bis 2016 stiegen die zusammengefassten Geburtenziffern für das 1. und 2. Kind kontinuierlich an. Wie bei der zusammengefassten Geburtenziffer insgesamt setzte danach ein Rückgang ein. Im Jahr 2020 wurden von 1 000 Frauen 719 Erstgeborene sowie 545 Zweitgeborene zur Welt gebracht. Die zusammengefasste Geburtenziffer für das 3. und weitere Kind stieg bis 2018 an. Im Jahr 2020 sank die Ziffer leicht, lag mit 271 Drittgeborenen und weiteren Geborenen je 1 000 Frauen jedoch noch deutlich über dem Wert von 2009 mit 214 Drittgeborenen und weiteren Geborenen je 1 000 Frauen.

Für Sie zusammengefasst: Entwicklungen in der Lebendgeborenenfolge

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